Die Petition

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,Sehr geehrte Damen und Herren Bundesministerinnen und -minister,
Sehr geehrte Vorsitzende der Bundestagsfraktionen,

ein schneller und vollständiger Wechsel von fossilen und atomaren Energien zu Erneuerbaren Energien ist unverzichtbar. Dazu müssen unsere Städte und Gebäude wesentlich energieeffizienter werden und das riesige Potenzial an Erneuerbaren Energien voll ausschöpfen. Wir müssen auf den besten Standard bei Neubau und Sanierung setzen, auf Plusenergie, denn nur mit dem Plusenergie-Standard wird der Verbrauch auf ein Minimum reduziert und zugleich ein Überschuss an sauberer Energie erzeugt, vom Gebäude selbst.

Deshalb müssen Regierung und Parlament beschließen:
  1. Plusenergie muss schnellstmöglich Standard beim Neubau werden.
  2. Die energetische Gebäudesanierungsrate muss von derzeit 1 Prozent auf mindestens 3 Prozent erhöht werden.
  3. In Anreizprogrammen für Neubau und Sanierung muss der Plusenergie-Standard die höchste Förderstufe bekommen und durch Niedrigst-Zins-Kredite gefördert werden.

Begründung:

  1. Noch verbrauchen wir über 50 Prozent unserer Energie mit dem Bauen und Nutzen von Gebäuden – und haben alle Möglichkeiten, diesen Anteil erheblich zu reduzieren. Wenn wir dieses riesige Potenzial zur Erreichung der Klimaschutzziele ausschöpfen wollen, müssen wir nicht nur schnell handeln, sondern zugleich auf die beste vorhandene Technik setzen. Diese steht mit dem Plusenergie-Standard ausgereift zur Verfügung.
  2. In der EU-Gebäuderichtlinie EPBD 2010 ist bereits beschlossen, dass ab 2020 alle Neubauten Null-Emissionshäuser mit regenerativer Versorgung sein müssen. Deutschland muss bereits jetzt umsetzen und weiterentwickeln, wozu wir ohnehin durch Ressourcenverknappung und Klimawandel gezwungen sein werden. Nur so wahren wir unseren technischen Vorsprung und werden unserer Verantwortung gerecht.
  3. Plusenergie ist wirtschaftlich günstiger für Investor und Gesellschaft als energetisch weniger ambitionierte Lösungen. Dennoch braucht es staatliche Anreize, um die Scheu vor den etwas höheren Initialkosten und die allgemeine Trägheit zu überwinden.
  4. Von allen Klimaschutzmaßnahmen sind im Bereich des Bauens und Sanierens die größten Effekte bei Zukunftsinvestitionen und Arbeitsplätzen zu erwarten. Mit dem daraus resultierendem zusätzlichen Steueraufkommen können die Fördermaßnahmen leicht finanziert werden.
  5. Im Zusammenklang mit vielen weiteren Maßnahmen ist Plusenergie der entscheidende Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz. Der Kapitalabfluss in die Förderländer fossil-atomarer Energieträger wird gestoppt, die energetische Selbstbestimmung der Menschen, der Kommunen und Regionen in Deutschland nimmt zu. So erreichen wir eine langfristig sichere und kostengünstige Energieversorgung und eine generationengerechte Wirtschaftsordnung.


Die Plusenergie-Petition mit ihren über 4.500 Unterschriften ist abgeschlossen.
Sie wurde am 21. Juni dem SPD-Bundestagsabgeordneten Gernot Erler überreicht, der sie im Kanzleramt gemeinsam mit nachfolgendem Brief an Frau Dr. Merkel vorlegen wird.
Bitte beachten Sie: Das Unterzeichnen der Petition ist nicht mehr möglich.



Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel
Bundeskanzleramt
Willy-Brandt-Straße 1
10557 Berlin



Plusenergie-Petition


Freiburg, den 21. Juni 2011


Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,

hiermit übersende ich Ihnen im Namen von über 4.400 Unterzeichnern unsere Plusenergie-Petition.

Plusenergie ist der derzeit fortgeschrittenste Standard im Bauen und Sanieren: Die Gebäude erreichen nicht nur ein Optimum an Energie-Effizienz. Das ist angesichts des enormen Anteils an den Energie-Verbräuchen von über 40 Prozent, die durch das Bauen und Nutzen von Gebäuden anfallen, das erste Gebot der Stunde. Sondern sie produzieren darüber hinaus einen regenerativen Energieüberschuss, der ans Stromnetz abgegeben werden oder zum Beispiel für die Elektro-Mobilität selbst genutzt werden kann. Es geht nicht nur um die Wärmeversorgung, es geht um ein ganzheitliches Konzept, das alle Energieformen und alle Ressourcen berücksichtigt.

Das Bundesbauministerium hat einen Prototyp eines Plusenergiehauses gefördert, hat erklärt, die Weiterentwicklung zu forcieren und propagiert auf erfreuliche Weise die Verbreitung des Konzepts. Allerdings sind wir über das Stadium der Prototypen längst hinaus. Die ersten Plusenergie-Gebäude stehen bereits seit 1994. Eine komplette Siedlung, die Solarsiedlung in Freiburg mit 60 Plusenergiehäusern, hat die technische und wirtschaftliche Machbarkeit bereits seit über zehn Jahren nachgewiesen. Die Mittel für einen entscheidenden Schritt der Energiewende sind zur Hand. Es gilt nur noch, das Konzept in der Breite umzusetzen. Im Neubau wie in der Sanierung. Im Wohnungs-, Büro- und Gewerbebau.

Genau dieses ist ohnehin gefordert von der EU-Gebäuderichtlinie EPBD 2010, die bereits vor 2020 in Deutschland implementiert werden kann. Es steht im Einklang mit dem Energiekonzept der Bundesregierung ebenso wie mit dem Kabinettsbeschluss zur energetischen Ertüchtigung des Gebäudebestands. Es wäre eine außerordentlich weitreichende Maßnahme zur Umsetzung der dort gesetzten Ziele und würde noch darüber hinaus gehen. Das Plusenergiekonzept muss ein Leitbild, eine Vorgabe für die unmittelbar anstehende Fortschreibung der Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) werden – ebenso wie für die Weiterentwicklung des Gesetzes zum Vorrang der Erneuerbaren Energien (EEG) und des Energiewärmegesetzes (EnWärmG).

Verehrte Frau Bundeskanzlerin, wir alle stehen fassungslos vor der Katastrophe von Fukushima. Wieder wird uns allen schockhaft vor Augen geführt, dass es nicht nur um die Reduktion von CO2-Emissionen geht. Sondern dass unser gesamtes System der Energieversorgung untragbar ist. Ziehen Sie jetzt die Konsequenzen. Setzen Sie Ihre politischen Mittel, Ihren Ehrgeiz und Elan daran, dass jetzt gemacht wird, was machbar ist und notwendig. Setzen Sie auf den jeweils besten Standard. Die Welt bewundert Deutschland dafür, wie wir mit Konzepten wie Plusenergie neue Möglichkeiten geschaffen haben, und man beginnt, das zu adaptieren.

Die Bundespolitik kann und muss den Rahmen setzen. Der beste Standard muss gefördert werden. Die Investitionen werden dann aus der Privatwirtschaft erfolgen. Ein nachhaltigeres Wirtschaftsförderprogramm ist kaum denkbar. Und jedes einzelne Projekt wird ganz direkt eine Maßnahme sein zum Klimaschutz, zum Ressourcenschutz, zum Umbau des Energiesystems. Wie Sie selbst einmal sagten: „Die beste Strategie für eine sichere Energieversorgung ist daher die Steigerung der Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien.“

Die Forderungen im einzelnen und die Begründungen derselben entnehmen Sie dem beiliegenden Text der Petition. Die Petitionäre erwarten gespannt Ihre Reaktion. Dass wir für Rückfragen, für jede Mitarbeit an der Umsetzung zur Verfügung stehen, versteht sich von selbst.

Mit freundlichen Grüßen

im Namen der Petitionszeichner



Rolf Disch
SolarArchitekt




P.S.

Sie finden alle Informationen auch unter www.plusenergie.de.

Die Plusenergie-Petition ergeht auch an

- den Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Herrn Dr. Norbert Röttgen,
- den Bundesminister für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung, Herrn Peter Ramsauer,
- den Bundesminister für Finanzen, Herrn Dr. Wolfgang Schäuble,
- den Bundesminister für Wirtschaft, Herrn Dr. Philipp Rösler,
- sowie den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages.




Die Petitionsunterstützer Franz Alt, Renan Demirkan, Claus Leggewie, Gernot Erler, Irene Fischer, Hans W. Geißendörfer, Nils Schmid, Boris Palmer, Dieter Salomon, Volker Finke, Michael Sladek, Alfred Ritter, Inga Humpe und Tommi Eckart